Zweifeln erlaubt!
„Das glaube ich nicht… - Nicht, bevor ich es mit eigenen Augen gesehen habe!“ So geht es mir und vielleicht auch Ihnen über die Lippen, wenn mal wieder eine (allzu unglaubliche) Neuigkeit die Runde macht… Nein, da bin ich – aus Erfahrung – skeptisch. Manches, was mir zugetragen wird, möchte ich nicht ungefragt für bare Münze nehmen. Zu viel Schaden ist da schon passiert. Da frage ich lieber noch mal nach. Oder prüfe die Fakten. Oder schaue mit eigenen Augen noch mal ganz genau hin. Dabei bin ich kein misstrauischer Mensch. Aber es gibt Dinge – und Themen – da möchte ich mir gerne meine eigene Meinung bilden und nicht einfach übernehmen, was mir andere präsentieren...
Manchmal funktioniert das natürlich nicht. Weil ich nicht die Möglichkeiten und die Mittel habe. Und manchmal auch, weil die Sache selbst einfach nicht zu überprüfen ist. Das erzählen wir schon unseren Kleinsten: Es gibt Dinge, die sind da, auch wenn unsere Augen sie nicht sehen. – Dass Mama und Papa dich unendlich lieb haben… Dass wir eine Familie und für immer ganz fest verbunden sind… Ja, und natürlich alles, was mit dem Glauben zu tun hat. Dass da mit Beweisen (leider) nichts zu machen ist, versteht sich doch von selbst. Oder?
Am Sonntag nach Ostern begegnet uns im Evangelium der sogenannte „ungläubige Thomas“. Der Jünger, der als der Zweifler in die (Kirchen-)Geschichte eingegangen ist. Thomas gehört zu den engsten Freunden und Nachfolgern von Jesus. Am Karfreitag bricht für sie die Welt zusammen. Aber dann kommt Ostern und die Botschaft von der Auferstehung macht die Runde. Jesus lebt! Es herrscht Freude, neue Hoffnung. Doch nicht bei Thomas. Der zweifelt nämlich am Zeugnis seiner Freunde, den auferstandenen Jesus gesehen zu haben. Und er spricht seine Skepsis aus. „Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, kann ich’s nicht glauben.“
Es kommt dann zur Begegnung zwischen Thomas und dem Auferstandenen. Und wie reagiert Jesus auf den Zweifler? Er verurteilt ihn nicht und hält auch keine Moralpredigt. Er zeigt Thomas seine Hände und lässt ihn seine Wunden fühlen, in die der Speer bei der Kreuzigung gestoßen wurde. In diesem Moment realisiert Thomas, wer vor ihm steht: Sein ganz persönlicher Herr, sein Gott.
Mir geht die Geschichte nahe. Es berührt mich, dass Jesus dem Zweifelnden entgegenkommt, auf ihn eingeht und sich anfassen lässt. Wir dürfen unperfekte Nachfolgerinnen und Nachfolger sein. „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“, sagt Jesus. Aber an Thomas lässt er uns wissen: Zweifeln ist erlaubt.