Wüstenrufer

Johannes ist ein eigenartiger Typ. Ein Aussteiger, der abseits der Städte der Menschen lebt. Und doch kommen sie raus zu ihm, an den Fluss. Denn Johannes hat eine Gabe: Er kann von Gott sprechen. Nicht mit klugen, wohlklingenden Phrasen – das ist nicht seine Art. „Gottes Reich ist ganz nah. Bereitet euch darauf vor, lasst ab von allem, was zwischen Gott und euch steht! Leben mit Sinn ist möglich – wenn ihr bereit seid, euch zu ändern.“ Das wühlt die Menschen auf. Trotz aller Härte: Johannes fasziniert sie, wie er spricht von Gott. So, dass Menschen wirklich etwas ändern und nicht nur abnicken und weitermachen wie bisher. Als Zeichen lassen sie sich von Johannes taufen.

Eines Tages geht ein unscheinbarer Mann vorbei an Johannes und den Menschen, die bei ihm sind. Niemand bemerkt ihn, aber Johannes kann es sehen: „Das ist der, von dem ich euch erzählt habe. Das ist Gottes Sohn! Er bringt euch wieder mit Gott zusammen!“ Jesus läuft vorbei, ganz unscheinbar. Aber Johannes erkennt, was Gott mit Jesus vorhat. Einige nehmen ihren Mut zusammen und laufen Jesus hinterher. Das werden seine ersten Nachfolger. Johannes hat seine Aufgabe erfüllt: Er hat Menschen dazu bewegt, sich für Gottes Handeln zu öffnen. Jesus ist das Zeichen: Gott selbst kommt den Menschen entgegen, die ihn suchen.

Ich glaube, dass es uns oft schwerfällt, Gottes Nähe und sein Handeln zu erkennen. Manchmal fehlt einfach das Vertrauen darauf, dass es besser wird. Aber ich glaube, dass Gott etwas Gutes mit uns vorhat, auch wenn es uns oft verborgen bleibt. Deshalb braucht es Menschen, die uns auf Gott aufmerksam machen. Die, so wie sie sind, etwas über Gott sagen können – mit all ihrer Unzulänglichkeit und in aller Unvollständigkeit. Die nicht meinen, die ganze Welt verstanden zu haben; aber die uns aus ihrer eigenen Erfahrung mit Gott Hinweise geben, wie wir Gott näher sein können. Das sind keine großen Lichtgestalten, die bloß warme Worte und leere Versprechungen machen, die sich selber zum Erlöser aufspielen. Sondern das sind Menschen, wie du und ich, Gottes Kinder, die Gott in ihrem Leben erfahren haben – im Guten wie im Schlechten. Und ich glaube, dass wir das alle können: Glaubhaft von Gott reden, so, wie wir ihn selber kennengelernt haben und soweit wir glauben, sein Handeln in unserer Welt zu verstehen. So, wie Johannes. Heute hat er Geburtstag.

Hannes Remmler, Kirchenältester aus Meiningen