Rogate – Betet!

Laut oder leise, gemeinsam oder mit anderen, frei oder mit geprägten Worten: Betet! So heißt die Aufforderung, die dem 5. Sonntag nach Ostern den Namen gibt. Wer betet verfeinert seinen Sinn für seine Verantwortung für die Welt, für die uns unmittelbar umgebende physisch spürbare Welt, aber auch für die medial wahrnehmbare. Die Pandemie zwingt uns zu der Einsicht: wir sind Mitglieder eines globalen Dorfes und unser Alltag ist vernetzt bis in den entferntesten Winkel der Erde. Und um nicht kopflos zu werden, braucht es Zeiten des Gebets.

An diesem Sonntag wird in unserer Kirche für die Menschen in unserer Partnerkirche in Tansania gebetet. Pfarrer Gerhard Richter, von 1997 bis 2004 Pfarrer im Distrikt Nordmassai der Arusha-Diözese in der Evangelisch Lutherischen Kirche in Tansania und von 2004 - 2015 Gemeindepfarrer in Bibra, formulierte die diesjährigen Fürbitten, die am Sonntag in unseren Kirchen und zeitgleich in Tansania gesprochen werden.

„Gott, du bist die Ursache, der Sinn und das Ziel allen Lebens. Du hast uns in ein Geflecht des Lebens eingebunden, in dem jedes Teil auf die anderen angewiesen ist. Wir Menschen suchen unseren Platz darin zu erkennen. Wir wollen ihn nach unseren Wünschen gestalten und bauen. Dabei machen wir Fehler, schaden deiner Schöpfung und schädigen deine Geschöpfe – Menschen, Tiere und Pflanzenwelt, unseren Planeten. Lass uns deine Schöpfung verstehen lernen.

Lass unsere Kinder neugierig sein auf die Geheimnisse dieser Welt. Lass uns allen Kindern ermöglichen, ihren Wissensdurst zu stillen. In Schulen, Kindergärten, Fachschulen und Universitäten sollen sie nach ihren Begabungen und ohne Benachteiligungen lernen und studieren können, wie wir deinen Schöpfungsauftrag erfüllen können, diese Welt verantwortungsvoll zu verwalten.

Gott, in Jesus Christus hast du uns gezeigt, was Liebe und Menschlichkeit bedeuten. Dein Sohn ist gestorben, weil die Herzen der Menschen nach dem eigenen Vorteil suchen. Aber er befreit unsere Seelen immer wieder neu aus dieser Umnachtung, wenn wir auf ihn schauen und dem Lebensweg mit ihm vertrauen. Wir lernen ein Leben lang und wir lernen für unser Leben. Lass uns nach Wegen suchen, nicht nur Wissen anhäufen, sondern auch zu lernen, wie wir mit diesem Wissen unser Zusammenleben zum gegenseitigen Nutzen gestalten können. Diese Welt braucht Menschen, die dem Krieg, dem Hass und dem Misstrauen etwas entgegensetzen können. Unsere Schulen sollen ein Ort sein, an dem Kinder und Jugendliche gemeinsam lernen, dass auch das Wohl der anderen wichtig ist, die sonst ausgegrenzt und nicht beachtet werden.

Du hast uns geschaffen als Menschen, die darauf angewiesen sind, in Gemeinschaft zu leben. Alle sind aufeinander angewiesen. Deshalb bitten wir dich für unsere Familien, für die guten Nachbarschaften, für die Kollegen auf der Arbeit, für die Mitschülerinnen und die Mitstudierenden. Unsere unterschiedlichen Lebensgemeinschaften sollen uns helfen, einander zu verstehen und gemeinsam das Schöne in dieser Welt zu sehen. Gib den Kindern Menschen an die Seite, die ihre Talente entdecken und fördern, die sie ermutigen Schwierigkeiten zu überwinden und die sie stark machen für ein gemeinsames Leben ohne Vorurteile oder Ängste.

Gott, deine guten Wahrheiten liegen uns am Herzen. Wenn wir sie beachten, ermöglichen sie uns, in Frieden und gegenseitiger Achtung miteinander zu leben. Deshalb öffne uns die Augen für das, was die anderen Menschen brauchen. Wo wir helfen können, motiviere uns und stoß uns an. Viele Kinder sitzen in den Flüchtlingslagern fest in Südeuropa aber auch in Ostafrika. Ohne Schule, ohne sinnvolle Beschäftigung, ohne Perspektive vergehen ihre Tage. Lass uns nicht nur auf deine Worte hören, sondern da, wo es unsere häufig kleine Kraft erlaubt, das tun, was uns möglich erscheint, um die Not abzuwenden.

Gott, sei unser Wegbegleiter. Segne die Anfänge, da, wo Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser und andere Einrichtungen Gutes leisten. Wo sie unterstützt werden, um Bildung zu bringen, Menschen in Würde behandelt werden und neue Wege ins Leben eröffnet werden. Segne die Menschen, die Partnerschaften und Hilfsprojekte begleiten. Segne auch die, die solche Hilfe empfangen, dass sie mit dieser Gabe verantwortungsvoll umgehen. Segne uns alle, damit wir nicht zweifeln an dem, was du uns ans Herz gelegt hast, weil die gute Tat immer Kritiker haben wird und Spötter. Schenke uns die Gewissheit deines heilenden und heiligen Geistes, wenn wir uns dafür einsetzen, dass Menschen frei und verantwortungsvoll in Frieden miteinander leben können. Amen"