Singt dem Herrn ein neues Lied!

O nein! In Zeiten von Corona! Singen ist Infektionsgefahr! Was machen wir bloß mit dem Sonntag „Kantate“?

„Kantate“ ist lateinisch und heißt ganz einfach „Singen“. Da ich Ihnen nichts vorsingen kann, möchte ich aus gegebenem Anlass mal was über das Singen schreiben. Leider hat das Singen derzeit keinen guten Ruf. In der Berliner Domkantorei haben sich in einer einzigen Chorprobe 60 von 80 anwesenden Sängerinnen und Sängern mit dem Coronavirus angesteckt. Deutschlandweit sind deshalb nun Chorproben und -auftritte in geschlossenen Räumen verboten. Singen mit Mund-Nasen-Schutz macht keinen Spaß. Man bekommt nur schlecht Luft und es klingt nicht besonders schön. Diese Erfahrung macht man ja schon beim Reden. Beim Singen jedoch wird noch viel mehr Atemluft umgesetzt und mit Begeisterung weit hinaus gepustet. Keine Angst, es ist nicht wie bei einem Ventilator. Aber beim Singen können wir uns anstecken, wahrscheinlich noch mehr als beim Sprechen.

Dabei ist das sehr schade, denn Singen ist so gesund! Für einige Menschen ist das Singen in Gemeinschaft DIE Erfüllung, DER Lebensinhalt, oder zumindest eine wichtige Kraftquelle zum Auftanken. Morgen ist der Sonntag Kantate. In der Bibel in Psalm 98 heißt es „Singet dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder“. Singen war schon immer und überall ein wichtiger Teil religiöser Ehrerbietung. Das kommt nicht von ungefähr, schließlich ist das Singen das Schönste, was der Mensch akustisch von sich geben kann, und das haben die Menschen in ihrer langen Geschichte schon sehr früh gelernt. Auch die Christen schenken ihre schönsten Töne ihrem Gott, um Danke zu sagen für alles, was er ihnen Gutes getan hat.

Schade ist auch, dass wir zurzeit seltener in den Genuss des Singens anderer kommen. Sämtliche kulturellen Veranstaltungen sind abgesagt, je größer, desto nachhaltiger. Auch Sie haben bestimmt die eine oder andere Konzertkarte, die verfallen ist oder für einen Ersatztermin im Jahr 2021 gilt. Ich selbst hatte vor, im Juli meiner derzeitigen Lieblingsband „My Chemical Romance“ in Bonn zu lauschen. Einer ihrer Titel heißt übrigens auch „Sing“. Aber daraus wird erst mal nichts. Nun ist „My Chemical Romance“ schon recht weit entfernt von Kirchenmusik. Und trotzdem hatte ich mich darauf gefreut und hatte vor, die bekannten Titel lauthals mitzusingen.

Und nun? Am Sonntag soll also das Singen Thema sein. Werden wir Formen finden zu singen, ohne uns dabei in Gefahr zu bringen? Es gibt ja schon tolle Ideen! Ganze Chöre singen gemeinsam und sogar synchron klassische Werke auf dem PC-Bildschirm! Die Meininger Kantorei wird eine Kantate mit allen gebührenden Abstandsregeln aufnehmen, ganz ohne Publikum, und sie zu Pfingsten den Zuhörern präsentieren. Andere singen auf ihren Balkons oder im Garten…

Ich selbst habe gerade in dieser Zeit das Singen wiederentdeckt. Immer donnerstags halb elf singe ich gemeinsam mit einigen Musikern vor den Fenstern des Altenpflegezentrums der Diakonie in Walldorf. Es ist unglaublich, wie viel Freude dadurch entsteht, und wie diese Freude ansteckt. Und diese Ansteckung ist ein positive. Sie ist absolut coronafrei und erlaubt!

Singen auch Sie ein Lied, auf Gott, auf das Leben, auf die Liebe! Erst mal mit Abstand. Und eines Tages rücken wir wieder enger zusammen und werden uns erinnern… Gott behüte Sie!