Gott sei Dank

Liebe Leserinnen und Leser,

die Felder sind schon abgeerntet und frisch gepflügt. Die Äpfel und die Möhren werden geerntet. In meinem Herzen stellt sich Dankbarkeit ein. Jetzt besonders. Die ersten Erntedankfeste werden gefeiert. In großen und in kleinen Festen. In den Kirchen, open air und auch am Küchentisch und vor dem sich füllenden Vorratsschrank, mit den frisch eingemachten Früchten des Gartens.
Gott-sei-Dank.

Gott-sei-Dank für die Menschen in den Gemeindekirchenräten. Wege haben sie gesucht, um für und mit anderen Glauben zu feiern und zu leben. Nicht nur sonntags, sondern eben auch im Alltag. In den letzten Monaten haben sie mehr auf sich nehmen müssen, als sie ahnten. Sie haben ihre Wege gemeinsam gefunden. Gott-sei-Dank.

Gott-sei-Dank für die vielen kleinen Momente und die großen noch dazu, die wir als Menschen erleben dürfen. Immer wieder behütet und unterstützt, in den so unterschiedlichen Situation des Lebens. Wenn ich im Gespräch bin, wir gemeinsam planen oder beten oder nachdenken, dann überkommt mich eine große Dankbarkeit, in dieser Welt zu leben. Hier sein zu dürfen. Gott-sei-Dank.

Gott-sei-Dank. Ich kann es eigentlich nicht oft genug wiederholen. Sie merken es, mir fällt noch eine ganze Menge ein.

Und doch und gerade ob der wachsenden Dankbarkeit, kann ich doch meine große Scham, die mich in den letzen Wochen immer wieder überfällt, nicht wegwischen. Scham über die Unmenschlichkeit, die in den Weltteilen und in Europa gerade sichtbar wird. Im Großen und im Kleinen. Ist es wirklich wahr, dass Menschen so behandelt werden? Das wir so über sie reden? Gott, Dir sei es geklagt, denn:

„Du bist ein
heruntergekommener Gott
mit dem Vieh
in einem Stall
mit den Armen unter einem Dach
mit zwielichtigen Gestalten
steckst du unter einer Decke

Gott-sei-Dank
müssen wir dich nicht mehr
in den Himmel predigen
und dich in den Weiten des Alls suchen
und uns selber verlieren
Du hast uns gefunden
auf der Erde
mit Anfang und Ende
in Freud und Leid
(…)
Ein Glück
dass du die Erde wieder
mit dem Himmel verbindest
und ich mich nicht klein machen muss
du, mein zu mir
heruntergekommener Gott.“ (H. D. Hüsch)


Lass mich mich nicht verkriechen oder vor Scham versinken. Lass mich dankbar menschlich reden und handeln, auf den unterschiedlichen Wegen, die wir gemeinsam gehen können. Du, unser zu uns heruntergekommener Gott.

In Dankbarkeit, Pfarrerin Birgit Molin