Martin und Martina

Da sitzt er und friert. Einsam und von aller Welt verlassen. Selbstverschuldet? Oder ein Opfer der Verhältnisse? Die Kälte setzt ihm zu – lange hält er das jedenfalls nicht mehr aus… Nein, das ist kein Schreckensszenario vom Winter 2022, kein Ausblick in die bevorstehende Heizperiode, sondern Teil der wahrscheinlich bekanntesten Heiligengeschichte, die in diesen Tagen vielerorts erzählt und vorgelesen und von Kindern nachgespielt wird. Am 11. November ist Martinstag – der Gedenktag des Bischofs Martin von Tours, dessen Name zum Symbol für Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft geworden ist. Er wurde im Jahr 316 als Sohn eines römischen Offiziers geboren und diente dann selbst unter Kaiser Konstantin als Soldat. Als junger Mann bekannte er sich zum Christentum, lebte zunächst als Einsiedler und gründete dann ein Mönchskloster. Im Jahr 376 wurde er zum Bischof der Stadt Tours gewählt. Verschiedene Legenden erzählen von ihm - von seiner Bescheidenheit, aber vor allem von seiner Zuwendung gegenüber den vielen Armen und Bedürftigen seiner Zeit. Vor allem die eine Geschichte macht ihn bis heute unvergessen: Wie Martin noch als Soldat in einem harten Winter durch die Straßen von Amiens ritt und am Stadttor auf den einsamen, bitterlich frierenden Bettler stieß. Er hatte weder Geld noch Nahrung bei sich, nahm aber sein Schwert und teilte den warmen Soldatenmantel, um eine Hälfte dem frierenden Mann zu geben. Nach der Legende erschien Martin in der folgenden Nacht Christus im Traum und sprach zu ihm mit den biblischen Worten „Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ (Matthäus 25,40)

Die Laternen der Kinder erinnern bis heute daran, dass Martin durch sein Handeln Licht ins Leben vieler Menschen brachte – und dass er damit auf den verwies, der das Licht der Welt sein will, Jesus Christus.

Ich freue mich über all die fröhlichen Lichter, die ich in diesen Tagen in den dunklen Straßen leuchten sehe. Sie tun gut und machen Mut. - Ja, es gibt vieles, was uns Angst macht, viele Entwicklungen, die wir mit großer Sorge sehen. Aber es gibt auch viel, was wir miteinander und füreinander tun können. Sozusagen als Martins und Martinas. Die Kinder in meinen Gemeinden haben da übrigens immer viele gute Ideen. Die wünsche ich auch uns Großen…