Christ und Bürger

Das Datum des 17.Juni möchte ich zum Anlass nehmen, das Thema Kirche und Politik wieder mal anzureißen. Denn die Meinung taucht hier und da immer noch auf, Kirche und Christen dürften sich in Politik gar nicht einmischen und hätten nur der Pflege ihres Glaubens nachzugehen, mit Gottesdiensten z.B., als wäre das reine Privatsache und hätte mit gesellschaftlichen Belangen nichts zu tun.

Was aber, wenn Gott mit seinen Diensten an uns, eben den Gottesdiensten, den ganzen Menschen in all seinen Bezügen im Blick hat, zuerst und vor allem seine Tiefen ausleuchtet und äußerst wohlwollend und mit höchstem Einsatz darauf aus ist, Dankbarkeit und Ehrlichkeit, Frieden und Nächstenliebe bei uns aufzubauen?

Und was ist, wenn dabei die Überzeugung wächst: Solche von Gott bewirkte Menschlichkeit meint alle Menschen und alle Bereiche des Lebens?! Dann entpuppt sich die oben gemeinte Privatsache als fremd und seltsam verschroben. Dann kann christlicher Glaube nicht mehr als bloße Randverzierung gelten, sondern rückt in die Mitte, wird heilsame Grundlage, bekommt Vorrang. Dann bin ich Christ und Bürger und nicht umgekehrt.

Ich kann mich gut erinnern, wie die DDR-CDU in ihren Reden und Schriften konsequent von Bürgern und Christen sprach. Zuerst sollst du ein treuer DDR-Bürger sein, dann durftest du auch noch ein bisschen Christ sein. Gott sei Dank haben sich damals nur wenige davon beeindrucken lassen. „Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apostelgeschichte 5,29) und ihn „über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen“ (M. Luther), das bleibt klar stehen.

Für unsere heutige Zeit heißt das u.a.: Pass´ mit auf, dass unser Menschsein und die Natur durch die Übermacht des Geldes nicht unter die Räder kommen. Pass´ mit auf, dass wir nicht verkümmern zu bloß funktionierenden Rädchen im großen Gewinnspiel. Nutze dazu die Chancen, die die Demokratie bietet!

Es muss aber auch gesagt werden, dass die verführerischen Mächte nicht nur rote oder schwarze Philosophie oder goldene Verlockung heißen, sondern auch in uns selbst stecken. Geltungs- und Habsucht, Angst und Gleichgültigkeit schieben sich allzu gern vor. Umso wichtiger sind Gottes Dienste und Hilfen für unser Christsein. Denn das wiederum ist eine gute Voraussetzung, auch aufmerksame und verantwortungsbewusste Bürger zu sein.

 

Pfarrer i.R. Martin Hoffmann, Wasungen