Ausscheren aus der Gewaltspirale

Anton und Felix, beide gehen in die 4. Klasse der Grundschule, mögen sich nicht gut leiden.

Nach der großen Pause ist die Mathe-Hausaufgabe von Anton völlig verschmiert, jemand hat vermutlich Wasser über die Seite geschüttet und nun ist nichts mehr zu lesen.

Am nächsten Tag ist Felix‘ Brotdose für die Pausenbrote leer; er findet den Inhalt im Papierkorb des Klassenzimmers.

Kurz darauf sind in Antons Federmappe viele Bundstifte zerbrochen und die Spitze vom Füller ist verbogen. Felix findet sein Fahrrad bei Schulschluss mit zwei platten Reifen vor. Sie lassen sich nicht mehr aufpumpen, denn beide Reifen sind mit einem spitzen Gegenstand zerstochen worden.

Als Anton am nächsten Tag mit seinem Fahrrad von der Schule nach Hause fährt, löst sich eine Pedale. Er stürzt und bricht sich den rechten Arm.

„So kann es nicht weitergehen,“ sagen die Eltern und die Klassenlehrerin. „Wir müssen uns alle mit Anton und Felix zusammensetzen und diesen gegenseitigen Gemeinheiten ein Ende setzen.“

Gemeinheit wird mit Gemeinheit beantwortet, auf Gewalt wird mit Gewalt reagiert. Die Lage eskaliert, und es scheint keinen Ausweg aus der Spirale von Gewalt und Gegengewalt zu geben. Was Anton und Felix in ihrem Klassenkameraden-Kleinkrieg praktizieren, leben viele Erwachsene in ihren Konflikten; auch die Kriege dieser Tage verlaufen nach diesem Muster.

„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem“- so rät der Apostel Paulus im Brief an die Gemeinde in Rom (Röm. 12,21) denen, die in ihrem Lebensalltag im Sinne von Gottes und Jesu Weisungen leben wollen. Er knüpft an Gottes Friedensverheißung und die große Hoffnung, dass diese Verheißung sich erfüllt.

Gewalt bringt keinen Frieden, und Gewalt bewahrt den Frieden nicht. Jesus ermutigt aus der Spirale von Gewalt und Gegengewalt auszuscheren und sich nicht in den Sog von Hass und Rache hineinziehen zu lassen.

Wie das in den jeweiligen Konfliktsituationen aussehen kann, braucht viel Kreativität, Phantasie und vor allem Gottes Geist zur Stärkung.

Anton und Felix haben mit ihren Eltern und der Klassenlehrerin im Gespräch erarbeitet, wie sie künftig respektvoll miteinander umgehen und wer zur Hilfe kommen kann, wenn sie wieder einmal in Streit geraten.

Gott stärke diejenigen, die in den Konflikten dieser Welt vermitteln und Wege zum Frieden an Verhandlungstischen und nicht auf Schlachtfeldern eröffnen.

 

Beate Marwede, Superintendentin in Meiningen und geschäftsführend in Suhl