Geist des Lebens

Als bekannt wurde, dass in der Nachbarschaft eine Familie aus Syrien mit drei Kindern einziehen wird, reagierte der Mann aufgebracht. „Die passen hier nicht her, die werden sich nicht an unsere Regeln halten, den Müll rumliegen lassen und uns die Ruhe nehmen.“ Kurz darauf klingelte der syrische Mann an der Tür und bat den Mann und seine Frau zu Tee und Gebäck in die neu bezogene Wohnung.  Die erste Unsicherheit wich schnell, es wurde mit Händen und Füßen geredet, wo die Verständigung im Deutschen an Grenzen stieß. Am nächsten Tag zeigte der Deutsche dem syrischen Paar die ausgelagerten Möbel im Keller und bat sie, sich zu nehmen, was sie noch zur Einrichtung brauchen. Viele Kinderbücher und Spiele kamen wieder in Nutzung. Die Kinder der syrischen Familie kommen nun regelmäßig zu Besuch beim deutschen Paar. " Sie bringen Leben in unseren Alltag. Die haben so viel Schlimmes miterlebt, den Krieg, die Flucht in ein fremdes Land und sind doch voller Zuversicht. Eine wunderbare Nachbarschaft.“

Manchmal ändern Menschen ihre Ansichten. Aus Angst und Abwehr wird  Zuwendung und Hilfsbereitschaft. Ein anderer, ein neuer Geist zieht ein: der Geist des Lebens.

Zu Pfingsten erinnern und feiern Christen, dass Gott diesen Geist des Lebens schenkt, immer wieder aufs Neue. Gottes Geist bewirkt, dass Menschen sich aus dem Schneckenhaus der Angst heraustrauen und sich mutig und offen zu Gottes Liebe für diese Welt bekennen.

Gottes Geist öffnet den einen den Mund, dass sie verständlich reden und den anderen das Ohr, dass sie verstehen. Gottes Geist schafft, dass Menschen einander verstehen. 

Diesen Geist des Lebens können wir gut brauchen in unserer Gesellschaft. In der Debatte um den Umgang mit Menschen aus anderen Ländern zeigt sich exemplarisch, wie wenig verständlich geredet und wie wenig einander verstanden wird. Die eigene Sichtweise wird wie ein Schild vor sich hergetragen, andere Meinungen prallen ab oder werden niedergebrüllt. Manchem geht es nicht ums Verstehen oder um Verständigung, sondern darum, Angst und Hass  zu schüren.

„Komm, Heiliger Geist, mit deiner Kraft, die uns verbindet und Leben schafft.“ – so  heißt es in einem Kirchenlied. Ja, diesen Geist des Lebens brauchen wir, um eine Kultur des Miteinander-Redens wieder einzuüben. Dieser Geist  stärke alle, die an vielen Orten sich dafür einsetzen, dass Menschen mit unterschiedlichen Kulturen und Lebensauffassungen sich begegnen und miteinander ins Gespräch kommen.

Ein geistvolles Pfingstfest wünscht Beate Marwede 

Superintendentin im Kirchenkreis Meiningen und derz. geschäftsf. im KK Henneberger Land