"Ähm..."

„Wissen Sie, Religion haben wir nicht gelernt.“ So oder so ähnlich reagieren manche, wenn ich von Amtswegen als Kirchenmensch auftrete. Hin und wieder gibt es ein: „Kirchlich sind wir nicht. Sind wir nie gewesen.“, wenn beim Plaudern die Frage aufkommt, was man so macht. Was stelle ich mit der Information an, dass mein Gesprächspartner Religion nicht gelernt hat?

Ist das Thema unangenehm? Befürchtet mein Gegenüber, missioniert zu werden? Vielleicht ist es sachlich gemeint? Wahrscheinlich sind die Hintergründe so unterschiedlich wie die Menschen und ihre Lebensgeschichten. Ob man Glauben lernen kann – darüber gibt es in der Theologie verschiedene Meinungen.

Das passt ganz gut zu einem Satz in der Bibel über Gott. Dort heißt es: „Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.“ Die Ewigkeit im Herzen tragen. Das trifft es gut. Denn auch wer Religion nicht gelernt hat, kann Fragen über das bewegen, was der Sinn ist, oder ob nicht vielleicht doch etwas Größeres ans Leben anschließt.

Manche stellen sich solche Fragen, wenn sie in der Natur unterwegs sind. Andere nach der Geburt eines Kindes. Manche in Not. Andere, wenn sie Mitmenschen helfen und unterstützen. Manche, wenn sie jung und andere, wenn sie älter geworden sind.

Ich merke, dass ich zwar viel über Religion und Kirche gelernt habe, dass ich aber nicht sagen kann, warum ich glaube. Ich kann es, mit den Worten der Bibel ausgedrückt, nicht ergründen. Gott schenkt mir Glauben.

Beim Glauben geht es nicht um ein Maß. Man macht keinen Abschluss mit Schulnoten bei Gott. Man muss nichts befürchten, wenn man Religion nicht gelernt hat. Es geht vielmehr darum, der Ewigkeit im eigenen Herzen auf die Spur zu kommen. Glauben ist ein Weg, auf dem es immer wieder Neues zu entdecken gibt. Ein Weg mit Fragen und Antworten, mit Zweifeln und Vertrauen.

Diesen Weg kann jede und jeder einschlagen – auch wenn wir bisher noch nichts darüber gelernt haben. Niemand beginnt am Ende. Am Anfang ist alles neu und ungewohnt. Machen Sie sich auf den Weg. Es gibt nichts zu verlieren, aber eine Ewigkeit zu gewinnen.

Vikar Manfred Kiel, Meiningen